Preisträger 2023
Bellinzona
Die Gemeinde Bellinzona wurde einstimmig zur Gewinnerin des Mobilitätspreises FLUX 2023 erkoren. Die Jury hat die funktionalen und gestalterischen Qualitäten des Verkehrsknotenpunkts gelobt und den lebendigen und lebhaften Charakter der öffentlichen Räume hervorgehoben. Besonders positiv hat die Jury die Auswirkungen der Neugestaltung des Verkehrsknotenpunkts auf die Reorganisation der Verkehrsflüsse und der öffentlichen Räume in einem grossen Umkreis beurteilt.
Leistungskennzahlen
1. Viele gestalterische Qualitäten und ein Hebel für die Urbanität in einem grossen Umkreis
Der Ursprung des Projekts geht auf die Inbetriebnahme der neuen Eisenbahn-Alpentransversale NEAT im Jahr 2016 zurück, hauptsächlich der Gotthard-Basistunnel. Ursprünglich hatte die Gemeinde ein ehrgeiziges Projekt für einen neuen Bahnhof eingereicht, das von der Denkmalschutzbehörde der SBB und vom Bundesamt für Umwelt abgelehnt wurde. Das ist auch gut so, denn die zweite Version des Projekts hat viele Vorzüge.
Die Bahnhofshalle ist nun ein offener Raum, der eine Mischung aus Galerie und gedecktem Platz darstellt. Die Durchlässigkeit zwischen dem Bahnperron und dem Bahnhofplatz verleiht dem Verkehrsknotenpunkt einen ganz besonderen Charakter, der an das Bild und die klimatischen Bedingungen der Südschweiz angepasst ist.
Die Bushaltestellen befinden sich an zwei Orten. Die wichtigsten Stadtlinien halten auf beiden Seiten des Bahnhofplatzes. Die Haltestellen sind mit bescheidenem und gut integriertem Stadtmobiliar ausgestattet. Alle anderen Linien profitieren von der Umwandlung der ehemals befahrenen Via Nadi in eine spezifische Busplattform. Die Busse verkehren dort im englischen Stil um ein etwa 100 Meter langes, zentrales Perron. Eine verspiegelte Überdachung schützt das Ganze und schafft eine optische Verbindung mit dem Zugang zu den Bahnperrons. In Anbetracht der Anzahl Busse, die den Bahnhof bedienen (5 Stadtbuslinien und 5 Regionalbuslinien) ist diese Lösung sehr überzeugend.
Der Bahnhofplatz ist sanft abfallend und gepflastert. Der Übergang zwischen den verschiedenen Ebenen zwischen dem Bahnhofsgebäude und dem Platz erfolgt über eine Reihe von Stufen und Podesten. Die Menschen setzen sich dort hin, um zu warten oder um die lebendige Atmosphäre des Orts zu geniessen. Die Bepflanzung des Platzes ist nach heutigen Massstäben bescheiden.
Auf dem Platz gilt ausser für Busse und die Zufahrt zum P+R-Parkplatz Einbahnverkehr. Der Platz ist als Begegnungszone gestaltet und die Fussgängerströme hin zum unterhalb des Bahnhofs liegenden Altstadtzentrum überqueren ihn problemlos. Zu beachten sind die sehr grossen Schüler- und Studentenströme während der morgendlichen Stosszeiten.
Für Reisende, die den Platz verlassen, sind die Wahlmöglichkeiten zwischen Taxis, Velos und Bikesharing-Stationen im nördlichen Teil und den verschiedenen Bushaltestellen im mittleren oder südlichen Teil sowie dem natürlichen Fussgängerweg in Richtung Altstadt offensichtlich und unmittelbar. Für das kurze Anhalten zum Ein- und Aussteigen ist auf dem grosszügig angelegten Platz auch ausserhalb der spezifisch dafür vorgesehenen Flächen genügend Platz vorhanden. Die P+R-Anlage befindet sich in einem Hof ganz im Norden des Geländes. Der oberirdische Parkplatz verfügt über 150 Autoparkplätze und 50 für motorisierte Zweiräder. Dort befindet sich eine moderne Fussgängerbrücke mit einem direkten Zugang zu den Bahnperrons.
Das Bahnhofsgebäude umfasst ausserdem ein Café, eine Konditorei, einen Coop-Laden im Untergeschoss, eine Apotheke, verschiedene weitere Dienstleistungsanbieter und – etwas versteckt – eine Velostation.
Velos werden in einer gedeckten Station mit 340 Plätzen auf der Nordseite und auf dem Perron 1 im südlichen Teil abgestellt.
Die Bahnperrons sind über drei Passagen zugänglich: eine Unterführung und zwei Fussgängerbrücken. Nur die historische Fussgängerbrücke schafft einen Zugang zum Quartier, das sich im Osten der Gleise befindet. Die Zugänge erfolgen über Treppen und Lifte, ausser bei der historischen Brücke, die über keinen Lift verfügt. Es muss erwähnt werden, dass die Strecken zwischen dem Bahnperron und der Busplattform für Personen mit eingeschränkter Mobilität lang sein können.
Schliesslich ist noch hervorzuheben, dass durch die Neugestaltung des Bahnhofs und seiner Umgebung das Verkehrsschema in diesem Stadtteil neu organisiert werden konnte. Von nun an wird der Durchgangsverkehr vom Zentrum ferngehalten. Alle angrenzenden Strassen profitieren von verkehrsberuhigenden Massnahmen. Ein Zukunftsprojekt der Gemeinde ist die Umnutzung der ehemaligen Bahnwerkstätten, die sich im Norden des Bahnhofs unterhalb der Bahnlinie befinden (ca. 10 ha).